METIS

1. Bericht in der Connection - Teil 1

Einfach aber wirkungsvoll

Byron Katie und ihr Selbsterkenntnis-System "The Work"

Byron Katie wurde 1942 geboren und wuchs in Südkalifornien auf. Sie bereist die ganze Welt, um "The Work" zu lehren. Sie lebt in Ojai, Kalifornien und betreibt dort ein Zentrum. Vor ihrer "Erleuchtung" vor zwölf Jahren hatte sie viele Probleme in ihrer Ehe, mit Geld und ihrer Gesundheit; sie trank, rauchte und war in psychiatrischer Behandlung. Sie hatte keinen Lehrer und keinerlei spirituelles Wissen. Ihre Kinder waren drogenabhängig.

Byron Katie mit 65 - sie wird immer jünger

Nachdem sie erfahren hatte, dass sie eins ist mit allem, was existiert, und dass sie aus reiner Liebe besteht, machte sie eine für ihre Mitmenschen schwierige Phase durch, in der sie zum Beispiel wildfremde Menschen auf der Straße umarmte und küsste. Sie löste sich zeitweise völlig aus ihrem alten Leben. Ihre nähere Umgebung konnte mit ihrer neuen Weltsicht nichts anfangen und hielt sie für verrückt.

Nach und nach klinkte sie sich wieder auf der "Erde" ein. Ihre Familie gab ihr durch Erzählungen "ihre Geschichte" wieder, eine scheinbare, äußere Identität, die zwar für sie bedeutungslos ist, mit deren Hilfe sie sich aber unter uns bewegt: eine Durchschnitts-Amerikanerin, die unauffällig aussieht, unauffällig lebt, bescheiden, liebevoll und unspektakulär auftritt. Sie nimmt grundsätzlich nur Spenden für ihre Arbeit und kommt auf Einladung - oft auch nur für einen Abend und einen einzigen Menschen (ihre, meist auf eigene Kosten mitreisenden Freunde versicherten mir das jedenfalls).

Anmerkung: So schrieb ich 1998. Inzwischen ist es wohl mit dem Unspektakulären vorbei und wirklich kostenlos dürfte auch nichts mehr sein :-)

Wichtig: Tägliches Üben

Byron Katies System ist denkbar einfach - für viele zu einfach: Stelle einige Behauptungen auf, beantworte dazu vier Fragen und drehe sie so um, dass sich die Behauptungen nun auf Dich beziehen. Sinn macht das allerdings nur, wenn man es täglich übt; es handelt sich wirklich um Arbeit, daher der Name "The Work".
Als Behauptungen kann man alles nehmen, was man denkt - Denken entspricht nur dem Wiederholen von Glaubenssätzen. Am besten eignet sich Bösartiges, das man über andere denkt, und das Ärger über sie in uns hervorruft. Nachdem ich alle Menschen meiner Umgebung so einigermaßen "durch" hatte, begann ich mit "Ich mag Autos nicht, die mitten auf dem Gehsteig parken, "Ich ärgere mich über die Höhe meiner Steuern" etc. Wenn mir absolut nichts mehr einfällt, schalte ich den Fernseher ein, da gibt es genug Material.
Wichtig ist es, die Behauptungen und Glaubenssätze aufzuschreiben, es handelt sich dann um Momentaufnahmen meines Geistes, die ich untersuchen kann. Der Geist muss stillstehen, damit man ihn untersuchen kann.
The Work ist eine Untersuchung, eine Suche nach der Wahrheit über uns selbst.
Zu Beginn war ich noch sehr mit meinen Themen identifiziert und war über die offensichtliche Wahrheit über mich erschreckt. Inzwischen stelle ich mich mit an Masochismus grenzendem Humor in Frage - als ob ich einen fremden Verstand sezieren würde. In meinem Herzen weiß ich, dass ich das gar nicht bin, der all diese oft so zerstörerischen Konzepte benutzt.

Unsere Feinde zeigen uns, wer wir sind

Seit ich häufig mit anderen Menschen "The Work" mache, sehe ich, dass wir alle die gleichen oder ähnliche Projektionen haben. Es scheint, als ob die Welt perfekt eingerichtet ist: Wir werden von unseren scheinbaren Feinden ständig daran erinnert, wie wir denken und was wir an uns verbessern können. Ich sehe, wie die Gedanken scheinbar unabhängig, automatisch, fast wie aus einer Art kollektivem "Mind" aufsteigen und, erst nachdem sie gedacht werden, ein Gefühl erzeugen. Und diese Gefühle wiederum sind es, die zu Handlungen führen. Inzwischen wird mir dieser Vorgang viel schneller bewusst, und ich lerne zunehmend, sie schon während ihrer Entstehung akzeptierend umzudrehen: Dieser Mensch dort sieht verkniffen aus, er erinnert mich an meine eigene Verkniffenheit, ich danke ihm, dass er mich darauf hinweist. Die donnerstägliche Kehrmaschine vor meinem Fenster stört mich - es ist mein eigenes Denken, das stundenlang lauthals in mir rattert und mich nicht zur Ruhe kommen lässt.
Wer bin ich ohne alle Glaubenssätze, Meinungen, Gedanken? Ich bin frei, absolut frei. Wessen Angelegenheit ist dies oder jenes? Egal, jedenfalls nicht wirklich meine. The Work bedeutet allerdings wirkliche Arbeit: Man muss das System in jeder Sekunde aktiv leben, immer wieder seine Gedanken und Glaubenssätze in Frage stellen - in dem ständigen Bewusstsein, dass alles, was wir denken und tun, nur Glaubenssätze sind. Die bloße Erkenntnis, die wir haben, wenn wir uns ab und zu eine entsprechende Frage stellen, hat keinerlei Nutzen und Wirkung.
Das Erstaunlichste an "The Work" scheint mir, dass es auch funktioniert, wenn man es absichtslos, fast mechanisch erledigt. Es ist, als ob man sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf ziehen würde. Und: Das System ist so einfach, dass wir die Wirkung und Veränderung auf unser Leben kaum glauben können. Wir sind es gewöhnt, dass die Wahrheit tief verborgen liegt und erst ein langes Graben erfordert. Dass sie so offensichtlich ist, verblüfft zuerst einmal jeden.
Manche "Sitzungen" haben Wunder in meinem Leben bewirkt, andere muss ich regelmäßig wiederholen, bevor etwas geschieht. Wichtig ist, es nicht zu tun, um ein Problem zu lösen, sondern um der Wahrheit willen. "Ich liebe die Wahrheit", sagt Byron Katie.

Aus "Connection 11-12/98 Moritz Boerner

1. Bericht in der Connection Teil 1 (Byron Katie - Du bist Ich und Ich bin Du

1. Bericht in der Connection Teil 2 (Meister Kopp - Auch das bin ich! THE WORK oder wie erkenne ich mich selbst?)

3. Bericht in der Connection (Spiegelbilder Gottes auf der Suche nach Liebe und Anerkennung